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Fokus: Fortschritt

Bionicman: Zauberhände für Kinder

Michel Fornasier trägt seit fünf Jahren eine bionische Handprothese. Mit seiner Stiftung «Give Children a Hand» engagiert er sich für kindergerechte Prothesen und macht sich für Diversität und Inklusion stark.

Zauberhände
für Kinder

Michel Fornasier trägt eine bionische Handprothese. Bis vor fünf Jahren machte er aber noch praktisch alles mit links. Das war nicht immer einfach. Darum engagiert er sich heute mit seiner Stiftung «Give Children a Hand» für kindergerechte Prothesen und macht sich für Diversität und Inklusion stark.

Als er sie in einer Fernsehsendung sah, wusste Michel Fornasier: die oder keine. Und er setzte alles daran, die bionische Hand zu bekommen. Doch es sollte einige Jahre dauern, bis er sie am rechten Arm hatte. Heute ist der 44-Jährige einer von zwölf Menschen in der Schweiz, die eine i-Limb Ultra Titanium Handprothese tragen.

Viel Übung für Alltägliches

Diese Prothese hat sechs Motoren; zwei im Daumen und einen in jedem Finger. Im Schaft sitzen zwei Elektroden, die Fornasier mit Muskelbewegungen «bedient». «Die bionische Hand deckt etwa 15 Prozent der Fähigkeiten einer menschlichen ab», sagt er. «Damit bin ich zum Beispiel mit dem Velo im Strassenverkehr sicherer unterwegs oder kann Mitmenschen die Hand schütteln.»

Was einfach klingt, ist das Resultat monatelangen Trainings. «Es sind feine Unterschiede in der Anspannung des Arms, die die Bewegung der Roboterhand steuern.» Er erinnert sich, wie viel Übung es brauchte für alltägliche Handgriffe wie Glühbirne auswechseln, Hemd zuknöpfen oder Ball werfen.

Endstation Legoschachtel

Weil Fornasiers Handprothese durchsichtig ist, gibt sie einen Blick auf das technische Innenleben frei. Er habe sich bewusst für dieses transparente, futuristische Modell entschieden – und nicht für eine hautfarbene. Beim Wort «hautfarben» scheint er zu schaudern. Der gebürtige Freiburger, der ohne rechte Hand zur Welt kam, erinnert sich genau an seine erste Begegnung mit Prothesen: Er war sieben und mit seiner Mutter beim Orthopädietechniker. «Das war wie im Horrorfilm – überall lagen Beine und Hände, die unglaublich echt aussahen.»

So eine «Patschhand», wie er sie nennt, bekam er dann auch. «Sie war extrem schwer und roch nach Plastik. Und sie konnte nichts ausser meinen Stumpf kaschieren. Deswegen lag sie hauptsächlich in meiner Legoschachtel.» Später bekam Fornasier eine mit Funktion. Damit konnte er den Velolenker fixieren. Doch die verschwand ebenfalls im Schulthek, sobald er vom Fahrrad stieg. «Meine jetzige Handprothese ist die erste, die ich akzeptieren konnte.» Für ihn war sie «Universalschlüssel zu einem neuen Lebensgefühl und Selbstbewusstsein».

Bionicman alias Michel Fornasier mit seiner bionischen Handprothese
Mit der bionischen Handprothese kann Michel Fornasier eine Glühbirne auswechseln oder das Hemd zuknöpfen. Bild: zVg

Superheld mit Zauberhänden

Weil er weiss, wie wichtig die richtige Prothese ist, hat er es sich mit seiner Stiftung «Give Children a Hand» zur Mission gemacht, Kindern den Zugang dazu zu erleichtern. «Für Kinder sind Hightech-Prothesen wie meine keine Lösung – sie sind zu schwer und zu filigran», erklärt Fornasier. Sie müssen das Gegenteil sein. Darum seien seine Zauberhände», die Start-ups und die ETH Zürich entwickelt haben, 150 Gramm leicht, robust und vor allem bunt. Manche glitzern oder leuchten gar im Dunkeln. Die Kinder können sie selber gestalten, sodass sie auch Lust haben, ihre Zauberhand allen zu zeigen. «Sie soll ihnen Selbstsicherheit geben und eine Art Schutzschild sein, das ihnen die Zweifel nimmt und sie mutiger macht.»

Für Kinder eignen sich leichte und robuste Prothesen in Wunschfarbe. Bild: zVg

Fornasier weiss, dass es mit einer Prothese nicht getan ist. «Für meine Entwicklung war es zentral, dass meine Eltern zwischen mir und meinem jüngeren, zweihändigen Bruder nie einen Unterschied machten und uns genau gleich erzogen, mit der gleichen Liebe und manchmal Strenge.» Ausserdem hätten sie ihn zur Selbstständigkeit motiviert und ihm Zeit gegeben, Dinge wie Schuhe binden in seinem Tempo zu lernen. «Und glücklicherweise hatte ich gute Freunde in der Schule, die mich getragen haben. Ich gehörte dazu und war nicht der Aussenseiter mit der fehlenden Hand.»

Diskriminierung erlebt hat er trotzdem ab und zu. Darum engagiert er sich heute als Botschafter für Menschen mit einer Beeinträchtigung, macht sich für Inklusion und Diversität stark und kämpft gegen Mobbing. Dafür tourt er, als Superheld «Bionicman» verkleidet, durch Schweizer Schulen, Sportcamps und Kinderspitäler. «Ich möchte Kindern im wahrsten Sinne des Wortes Hand bieten – und sie davon überzeugen, dass jede vermeintliche Schwäche auch Stärke sein kann.»

Text: Michaela Ruoss Fotos: Thi Toi Forter / ZVG

Das Buch zum Thema

Bionicman gibt es auch als Comic. Darin erleben der Superheld, seine Freundin Bionica, die Piratenkatze Biau und der Roboterhund Biog zahlreiche Abenteuer und setzen sich für Menschlichkeit und Akzeptanz ein. Die Bücher sind in Deutsch, Französisch und Englisch im Eigenverlag erschienen.
www.bionicmania.com

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