Bundesgericht
entscheidet für pflegende
Angehörige
Ein neues Urteil des Bundesgerichts bezüglich Angehörigen-Spitex ist gefallen. Gemäss diesem dürfen die Krankenkassen bei ihren Beiträgen für die Pflegeleistungen nicht mehr andere Vergütungen, wie etwa Hilflosenentschädigung oder Intensivpflegezuschlag, anrechnen. Tun sie dies doch, können sich betroffene Eltern wehren.
In der Juni-Ausgabe des Magazins imago publizierten wir einen Artikel zum Thema Angehörigen-Spitex. Darin berichteten wir, wie sich Eltern bei einer Spitex-Organisation anstellen lassen können und dadurch für die Pflege ihres Kindes mit Behinderung einen Lohn erhalten. Im Bericht wiesen wir
darauf hin, dass einzelne Krankenkassen deswegen andere Leistungen, wie etwa die Hilflosenentschädigung oder den Intensivpflegezuschlag, reduzieren.
Diese Praxis ist mittlerweile rechtswidrig, wie uns Irja Zuber, Rechtsanwältin der Procap Schweiz, schreibt: «In einem kürzlich veröffentlichten Grundsatzentscheid hat das Bundesgericht die bisherige Praxis aufgegeben, wonach die Krankenkasse im Rahmen des Beitrages an die Pflegeleistungen die
Hilflosenentschädigung und den Intensivpflegezuschlag anrechnen kann. Neu gilt, dass die Pflegebeiträge (Spitex etc.) nicht mehr um einen Teil der Hilflosenentschädigung und des Intensivpflegezuschlags reduziert werden dürfen. Die Anrechnung oder Berücksichtigung, in welcher Form auch immer, ist nicht zulässig.» Gemäss Procap begründet das Bundesgericht den Entscheid sehr juristisch. Zusammenfassend halte es fest, dass eine Koordination, also Anrechnung, nur möglich ist, wenn die beiden Leistungen gleicher Art und Zweckbestimmung sind. Bei der Hilflosenentschädigung und dem Intensivpflegezuschlag handle es sich aber um eine Geldleistung, beim Pflegebeitrag nach KVG um eine Sachleistung. Auch deckten die beiden Leistungen bloss in geringem Umfang die gleichen Tätigkeiten ab.
So können Sie sich wehren
Procap rät betroffenen Eltern, der Krankenkasse einen Brief zu schreiben, falls diese eine Anrechnung der Hilflosenentschädigung oder des Intensivpflegezuschlags vornimmt. Darin sollen sie auf das Bundesgerichtsurteil 9C_480/2022 verweisen. «Im Brief können die Eltern darlegen, dass das
Bundesgericht die Anrechnung als rechtswidrig bezeichnet. Zudem können sie die rückwirkende und zukünftige Neuberechnung des Pflegebeitrags beantragen», sagt Irja Zuber. Die Krankenkasse sollte spätestens nach Ablauf der aktuellen Zusprache eine Neuberechnung vornehmen.